(Examens-Bildzeitung)

Wir sind POPST

Freitag, 5. Oktober 2006. Weißer Rauch steigt auf über der Bayerischen Staatsbibliothek. Doch Sorgen um die hier aufbewahrte einzigartige (und bestens erschlossene) Büchersammlung von Weltrang und unschätzbarem Wert sind verfehlt. Gläubige in aller Welt blickten seit geraumer Zeit gebannt nach München, wo der gD-Kurs 03/06 die letzten Wochen in Klausur verbrachte. Der in den weißblauen Himmel aufsteigende Rauch signalisiert nun eine Sensation: der gD-Kurs 03/06 ist der NEUE POPST!

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Diese Wahl markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Popsttums, bedeutet den Übergang vom großen Einzelnen zum Kollektivpopst. Erste Reaktionen lassen das Erstaunen erkennen. Der aufgrund seines vorgerückten Alters nicht mehr zur Wahl stehende frühere Leiter der Ausbildungskongregation, Dr. Hans-Jürgen Schubert, bemerkte gegenüber unserem Blatt: „Ich habe diesem Kurs immer Großes zugetraut und Besonderes von ihm erwartet. Ich bin glücklich und in aller Bescheidenheit auch ein wenig stolz, dass dies auf solch unvorhersehbare Weise eingetreten ist. Hier ist wahrlich das Wirken des Heiligen Geistes zu erkennen.“ Auch Margrit Lauber-Reymann, die durchaus als papabile geltende und zunächst von gut informierten Kreisen als Geheimfavoritin gehandelte Chefin der Commissio formalia, kommentierte den Ausgang der Wahl wohlwollend: „Die Entscheidung für einen Kollektivpopst war an der Zeit. Ein Einzelner kann die heute auf den Popst zukommenden Aufgaben kaum mehr bewältigen. Insofern empfinde ich mich nicht als besiegt, sondern sehe mich in meinen Grundüberzeugungen bestätigt. Ich werde den neuen Popst nach Kräften unterstützen und fühle mich auch ein wenig selbst als Popst“. Und sie fügt kichernd hinzu: „Sind wir nicht alle ein bisschen Popst?“

Kritische Stimmen waren kaum zu vernehmen, kamen allenfalls aus dem Kreis der im Vorfeld als Favoriten gehandelten Kandidaten. So ließ etwa Dr. Bernd Lorenz, der neue Leiter der Ausbildungskongregation und Oberhaupt der Personalprälatur Opus Dei RVK, leichtes Befremden erkennen: „Diese Wahl ist eine Überraschung. Es lässt sich heute noch nicht ausmachen, ob die Kollektivlösung angesichts der gewaltigen Herausforderungen, die vor uns liegen, die geeignete ist. Männer machen Geschichte, große Männer machen große Geschichten. Ohne die Entscheidung in Zweifel ziehen zu wollen, möchte ich doch anmerken, dass zumindest das Geschlecht des Kurses bis auf einen Fall nicht zu stimmen scheint. Eine andere Entscheidung wäre zumindest denkbar gewesen, wenn sie nicht gar - ohne meinen Namen auch nur in Kratzfüßchen zu nennen - geboten erscheint.“

Die Reaktionen aus aller Welt fielen dagegen überwiegend positiv bis begeistert aus. Bundespräsident Köhler und Bundeskanzlerin Merkel sandten umgehend Glückwunschtelegramme. Vertreter der übrigen Glaubensrichtungen brachten ihren Wunsch zum Ausdruck, nun endlich das Trennende zu überwinden und dem Weg des Hl. Nikolaus zu folgen. Ob der neue Popst diese Zeichen der Versöhnung und der Annäherung aufgreifen und sich zu eigen machen wird, ist derzeit noch unklar. Hans Popst, der frühere Amtsinhaber und gewissermaßen Ur-Popst, kommentierte die Friedensbotschaften zumindest verhalten: „Annäherung bedeutet nicht automatisch, dass sich beide Seiten aufeinander zu bewegen. Zur Annäherung kommt es auch, wenn wir unerschütterlich fest stehen und nur die übrige Welt sich bewegt. Sich zu unseren Glaubensgrundsätzen bekehrt, ihre Irrwege erkennt. Unsere Arme sind weit offen, sie waren es schon zu meinen Zeiten. Das wahre Regelwerk wird sich am Ende durchsetzen. Und eines möchte ich betonen: dieser Kurs beherrscht das wahre Regelwerk. Denn er ist Popst.“








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